Writing Special: Was, wenn kein Bock?
Herzlich willkommen bei Wodkabull, dem Newsletter mit Eva Reisinger.
Ich gebe euch hier gerne Tipps und vermutlich wirkt es so, als wäre ich ständig am Schreiben. Nach zwei Büchern sitze ich jetzt an Nummer drei und vier. Parallel dazu schreibe ich am Drehbuch für eine mögliche Verfilmung von Männer töten mit. Bei mir läuft’s oder?
Manchmal läuft da aber auch gar nichts. Wirklich gar nichts. Nada. Dann sitze ich auf der Couch, weigere mich den Laptop auch nur aufzuklappen. Wenn ich mich dann aufquäle und zum Schreibtisch schleife, ist da wieder nichts außer Frust und Langeweile. In diesen Momenten treibt mich die Frage um: Wie ich jemals überhaupt irgendwas schreiben konnte. Wenn ich mich selbst bemitleiden will, schlage ich eines meiner Bücher auf und lese ein paar Sätze und vergrabe mich im Gedanken, nie wieder irgendwas Sinnvolles zu schreiben. Soweit, so Klischee!
Ich kenne keine einzige Kollegin, die keine Blockaden hatte, die nicht schon alles hasste und oder hinterfragte oder es sein ließ. Nach der Abgabe von vielen Texten und drei Büchern weiß ich mittlerweile eine Sache: Manchmal läuft das Schreiben und manchmal eben nicht. Wenn eine Deadline im Nacken sitzt, gibt es immerhin ein paar Tricks das Schreiben wieder rauszulocken. Was hilft mir also, wenn ich einen Text abgeben muss und in meinem Kopf mich die Titelmelodie von Gilmore Girls wie ein Magnet auf die Couch zieht:
Ich schreibe etwas ganz anderes. Eine lange Whatsapp-Nachricht an eine Freundin, wichtig dafür ist aber das Schreiben, also Reinsprechen zählt nicht. Einen Einkaufszettel. Einen Newsletter. (Ja, nicht selten entstehen diese Texte, weil ich mich vor einem anderen drücke). Ich schreibe auch mal darüber, wie sinnlos das Schreiben ist und lasse so meinen Frust raus.
Ich nehme den Text und öffne ihn in einem neuen Textverarbeitungsdokument und formatiere die Schrift, den Abstand etc um. Manchmal gestalte ich auch ein Moodboard oder Cover in Canva. Alles was mir hilft, den Text wieder freiwillig anzusehen, ist erlaubt.
Ich drucke den Text aus und korrigiere ihn. Oft holt mich mein grotten schlechter Text auf den Boden der Tatsachen zurück und meine Angst motiviert mich.
Ich mache etwas, das noch schlimmer ist als schreiben. Glaubt mir, ein paar Stunden Buchhaltung lassen das Schreiben deutlich attraktiver wirken.
Mir persönlich hilft Druck. Ich stelle mir vor, den Vorschuss für ein Buch wieder zurückzahlen zu müssen. (Dark, aber hilfreich!)
Ich erzähle meinen Friends, wie arm ich bin und dass ich nie wieder schreiben werde.
Ich setze mich wieder vor den Laptop und verbiete mir aufzustehen, bevor nicht zwei neue Seiten gefüllt sind, egal mit was.
Ich bin mir sehr sicher, dass einige meiner Methoden pädagogisch mehr als fraglich sind, aber mir hilft es. Kreativität und Schreiben kann man aber auch üben. Aktuell mache ich das 12-Wochen Programm von Julia Cameron “Der Weg des Künstlers”. Man darf sich darin nicht von all dem Gerede über Gott ablenken lassen, denn die Schreibübungen sind wirklich gut.
Manchmal hilft es auch Kolleg*innen leiden zu sehen. Wer sich selbst leid tut, sollte sich Benedict Wells Interviews anhören. Nur wenige Autoren leiden derart beim Schreiben wie er und brauchen es gleichzeitig so sehr, um zu überleben. Diese Woche war er bei der ZEIT zu Gast und hat mit Fiona Weber-Steinhaus über seine Schreibwerkstatt geplaudert.
Ich wünsche euch viel Spaß beim Schreiben und möglichst wenig Leid. Und ja manchmal sollte man es auch einfach lassen, eine Pause machen und das Leben leben. Denn wer nichts erlebt, kann auch über nichts schreiben!
Bussis von eurer Lieblingsautorin,
Eva.