Wodkabull #6: Schöne Feelings und Männerhass
Herzlich Willkommen bei Wodkabull, dem Newsletter mit Eva Reisinger. Hallo aus Wien und Prost!
Letztes Wochenende war ich seit längerem mal wieder fort. Viele Spritzer, schöne Gespräche, lautes Lachen. Wir hatten es fein, so richtig. Als wir in einen Club wechselten, dauerte es genau zwei Minuten, bis ein Typ im Lokal (offenes, weißes Hemd und zurückgegelte Haare) mich auf der Tanzfläche gespottet hatte. Ohne dass wir uns jemals in die Augen gesehen oder ich sonst irgendwie von seiner Existenz erfahren hätte, dachte er, er könnte meine Hand nehmen und sie nicht mehr loslassen. Ich wollte das nicht, ich fühlte das sofort. Ich wollte meine Hand zurück. Mein erster Impuls war aber nicht, sie ihm ins Gesicht zu klatschen, leider. Ich war versucht, es abzutun. War ja nichts, schnell vergessen, nur eine Hand. Schlimmer geht immer und damit wollte ich die Grenzüberschreitung passieren lassen.
Warum? Weil es viel Energie und Laune kostet, sich zu wehren. Diese Hände sind natürlich nicht die ersten. Was ich da erzähle, kennen viele. So gut wie allen weiblich gelesenen Personen passiert derartiges in den unterschiedlichsten Variationen und Graden. Derweilen ist “passieren” das falsche Wort. Regen passiert. Ein Gewitter passiert. Eine Hand bewegt sich nicht von allein. Er reagierte auf meine Abweisung übrigens wie aus dem Handbuch für toxische Männlichkeit entnommen: mit Aggression. Das Problem ist nicht die Hand, sondern sein Glaube, dass er alles darf, dass ihm am Ende alles und jede zusteht. Verletzte Männer sind lebensgefährlich und ich hab es so satt.
MACHE ICH
Ich bleibe noch einen Moment bei mir. Diese Woche standen die Autorinnenfotos an. Juhu! Das ist immer ein großer Tag. Erstens weil es bedeutet, dass das Buch bald erscheinen wird. Und zweitens weil ich mir die Frage stellen darf, wer ich sein will. Zum Glück sind die Zeiten vorbei, in denen ich dem allgemeinen Bild einer Autorin entsprechen wollte oder musste. Wer in der Literaturszene ernst genommen werden will, trägt viel Brille, viel Schwarz, viel Rollkragen, bloß nicht zu viel Make-Up und hat auf jeden Fall keinen Spaß auf Bildern und am besten im Leben auch nicht. Wir Intellektuellen müssen leiden, um Kunst zu schaffen. Bla blub. Mich hat meine wahnsinnig talentierte Freundin Julia Deutsch gestylt und ich darf verraten, es wird Glockenhosen, Jeanslook und freches Leder geben. Minitta Kandlbauer hat super schöne Fotos gemacht, auf denen ich selbst sein darf. Ich freu mich auf die Vorschau.
LESE ICH
Endlich kam Jaquelines neues Buch „ungeschönt“ auch bei mir an. »Sie ist da ehrlich, wo sich alle verstellen« schrieb die ZEIT und recht haben sie. Einen Tag, nachdem ihr Partner plötzlich verstirbt, verfasst Jaqueline Scheiber einen Instagram-Post darüber. Sie präsentiert ihren von Dehnungsstreifen übersäten Bauch 40.000 Menschen. Sie macht ihre psychische Erkrankung öffentlich, auch auf die Gefahr hin, stigmatisiert zu werden. Als @minusgold berührt sie auf Instagram mit sehr persönlichen, leuchtenden, manchmal unbequemen Posts. Doch was für die einen mutig ist, stößt bei anderen auf Ablehnung. Jaqueline Scheiber reflektiert präzise, warum sie es für heilsam hält, die eigene Stimme zu erheben und sich Gehör zu verschaffen.
Für mich ist dieses Buch ganz besonders, nicht nur weil wir befreundet sind, sondern weil es mich vieles verstehen lässt. Zum Beispiel was für Jaqueline ihr Name bedeutet, warum sie sich entschieden hat so viel aus ihrem Leben zu teilen und wie es ist, in einem Kreisverkehr auf die Welt zu kommen. Jetzt ohne Spaß, dieses Buch muss gelesen (und gekauft) werden, weil es nicht nur wunderschön geschrieben ist, sondern für uns alle wichtige Themen verhandelt. Und natürlich auch weil Jaqueline zu den besondersten und begabtesten Menschen gehört, die ich kenne. Holt euch das Buch, ihr werdet es verschlingen!
HÖRE ICH
Diese Woche empfehle ich zwei Songs, die mir besonders viel bedeuten. Wie ihr von meinen Playlists wisst, hör ich gern heftige Musik. Manchmal brauche auch ich etwas zum Runterkommen und dann höre ich dieses Scooter-Medley oder verliebe mich in das romantische Gigi-Cover.
LIEBE ICH UND DARUM SCHAUE ICH
Diese Woche geht’s um Moms. Oder besser gesagt um Serien, in denen Frauen, die Kinder haben, die Hauptrollen spielen.
Workin’ Moms
Workin' Moms ist eine kanadische Comedy-Serie. Sie erzählt von drei Müttern, die wieder in der Arbeitswelt Fuß fassen wollen und wird mit der Zeit immer besser und deeper. Wer einen Ausblick auf den Irrsinn des Kinderkriegens sucht, ist hier richtig.
Good Girls
Ich liebe, liebe diese Show! Die Comedyserie erzählt von drei Vorstadtmüttern, die einen Supermarkt ausrauben und anschließend mit den Folgen konfrontiert werden. Selten hat mich eine Serie derart gut unterhalten.
Maid
Die Drama-Miniserie zeigt eine junge Frau, die alles versucht trotz ihrer schwierigen Lebensumstände eine gute Mutter für ihre Tochter zu sein und im Leben klarzukommen.
Dead to me
In der Netflix-Serie findet die trauernde Witwe Jen Harding in der freigeistigen Judy Hale eine unerwartete Seelenverwandte. Diese Serie hat so viel guten, derben Humor und ein Ende, das berührt.
Damit verabschiede ich mich und wünsche euch ein wunderschönes Wochenende!
Bussi und Baba,
eure Eva.
/ Fotos: Reisinger, Instagram