Wodkabull #16: Was ist Zeit?
Herzlich Willkommen bei Wodkabull, dem Newsletter mit Eva Reisinger. Hallo aus Oberösterreich und Prost!
Ich sitze im Garten bei meinen Eltern. Meine Füße im kühlen Gras. Mein Rücken krumm auf der Bank. Frieda ist in den Sträuchern verschwunden und ich frage mich, was diese Woche eigentlich passiert ist? In letzter Zeit fehlt mir jede Relation zu Zeit und Wochentagen. Ständig denke ich, jetzt muss doch Wochenende sein. Die gute Nachricht: Wenn dieser Newsletter rausgeht, ist wirklich Wochenende, juhu!
Für mich vergeht die Zeit gerade rasend schnell, auch wenn das Wochenende viel zu selten vorbeischaut. Das Gefühl, wie schnell die Tage vorüberziehen oder eben nicht, ist ja für jede Person anders. Ich habe in letzter Zeit oft mit Menschen darüber gesprochen und sie alle sahen es anders. Das Einzige, was sie verband, waren die Superlative: extrem schnell, unfassbar langsam. Bei niemandem schien sich die Zeit normal zu verhalten. Woran liegt es, dass wir immer viel zu viel oder viel zu wenig Zeit haben?
Diese Woche durfte ich zum ersten Mal eine Rede auf Englisch halten und einen Abend moderieren. Die Wirtschaftsuniversität in Wien feierte 125 Jahre und ich sprach über die dunklen Kapitel in der Vergangenheit. Über Nazis, die Ehrentitel bekamen, über jüdische Studierende, die vertrieben wurden und jüdische Lehrende, die nicht mehr unterrichten durften. Ich sprach darüber, wie wichtig es ist, sich zu erinnern. Gerade in Zeiten wie heute, in denen der Antisemitismus wächst und die rechte FPÖ die stärkste Partei wäre, wenn wir morgen wählen würden. Gerade bei einem derart wichtigen Thema will man natürlich, dass die Sprache sitzt. Menschen aus dem Publikum kamen nach der Feier zu mir und wollten über die Erinnerungskultur und Aufarbeitung mit mir sprechen und damit hatte ich alles erreicht, was ich mir vorgenommen hatte.
Ansonsten widme ich mich gerade vielen journalistischen Aufträgen und klassischen Money Jobs. Ich muss aktuell mehr arbeiten, um all die unbezahlte Zeit am Buch wieder reinzubekommen.
SCHAUE ICH
Auf Netflix gibt es eine neue Staffel der Serie Valeria. Valeria ist eine Schriftstellerin, die sowohl mit ihrem Schreiben als auch mit ihrer Affäre in einer Sackgasse angelangt ist. Rat findet sie bei ihren drei Freundinnen Carmen, Lola und Nerea – die mindestens so spannend sind wie die Protagonistin. Ich mochte die spanische Serie bisher sehr und die neue Staffel unterhält genauso wie erwartet.
LIEBE ICH
Manchmal muss man Österreich lieben. Als am Dienstag auf der Pressekonferenz verkündet wurde, dass nun doch Babler der Chef der SPÖ ist, war so ein Moment für mich. Endlich kam das Land mal wieder in die internationalen Medien. Wir wären nicht Österreich, wenn es nicht ein derartig peinlicher Vorfall wie ein Fehler Excel gewesen wäre, der uns dorthin brachte.
HÖRE ICH
Auch wenn niemand mehr die CDs kauft, erinnere ich mich noch sehr gut an die ersten Bravo Hits in meiner Sammlung. Umso mehr freute ich mich über diesen Fund auf Spotify.
MACHT FRIED
Frieda durfte während meiner Moderation in Oberösterreich bleiben und ich denke, würde man sie fragen, will sie nie wieder nach Wien. Aber jetzt machen wir uns darüber keine Gedanken, sondern genießen die verbleibenden Tagen und den Sommer, der endlich anklopft.
Damit verabschiede ich mich und sage Bussi und Baba,
eure Eva.
Foto: Reisinger